Update Stand 15.11.2024: Was passiert, wenn die Umsetzung der CSRD in nationales Recht nicht bis zum Jahresende erfolgt?

Nach dem Auseinanderbrechen der Ampelkoalition muss damit gerechnet werden, dass die Umsetzung in diesem Jahr voraussichtlich nicht mehr erfolgen wird.

Die CSRD hätte von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 6.7.2024 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Deutschland und manche anderen Europäischen Staaten haben diese Frist versäumt, so dass die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Eigentlich sollten die Beratungen zum Regierungsentwurf vom 24.7.2024 zur Umsetzung der CSRD im Bundestag (2. und 3. Lesung) und die abschließende Beratung im Bundesrat vor Weihnachten abgeschlossen werden.

Damit ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass zum 1.1.2025 die Umsetzung (noch) nicht erfolgt sein wird. Was bedeutet dies für die betroffenen Unternehmen der ersten Kohorte?

Für Unternehmen, die nach der CSRD für das Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig sind, fehlt dann der Gesetzesbefehl im nationalen Recht. Eine nicht fristgerecht umgesetzte Richtlinie entfaltet grundsätzlich keine rückwirkende Umsetzungswirkung auf das Datum des Fristablaufs. Der Bürger darf für die Vergangenheit auf den für ihn günstigen Fortbestand des richtlinienwidrigen Zustandes vertrauen. Bei Richtlinienbestimmungen, die den Einzelnen begünstigen, ist eine rückwirkende Umsetzung ausnahmsweise zulässig. Es ist daher festzuhalten, dass ein erst in 2025 verabschiedetes nationales Gesetz zur CSRD-Umsetzung keine rückwirkende Anwendung auf abgeschlossene Geschäftsjahre entfalten kann. Dies wäre eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung.

Damit bleibt das HGB in der Fassung des CSR-RUG (2017) zur nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattungspflicht für 2024 gültig. Große haftungsbeschränkte kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie große Kreditinstitute und große Versicherungsunternehmen mit im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmern bleiben damit auch für das Geschäftsjahr 2024 noch zur nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung nach den (alten) geltenden §§ 289b bis 289e bzw. §§ 315b, 315c sowie § 340a Abs. 1a bzw. § 340i Abs. 5 sowie § 341a Abs. 1a bzw. § 341j Abs. 4 HGB verpflichtet. Diese Berichterstattung unterliegt keiner materiellen Pflichtprüfung durch den Abschlussprüfer. Der Abschlussprüfer hat nur formell zu prüfen, ob die nichtfinanzielle Berichterstattung vorgelegt wurde (§ 317 Abs. 2 Satz 4 HGB). Der Aufsichtsrat des berichtspflichtigen Unternehmens hat demgegenüber die Berichterstattung materiell zu prüfen (§ 171 Abs. 1 Satz 1 bzw. 4 AktG). Daher haben Aufsichtsräte vieler betroffener Unternehmen in der Vergangenheit freiwillig eine externe inhaltliche Prüfung der Berichterstattung in Auftrag gegeben.

Die weitere Frage, ob überhaupt ein Gesetz, das in 2025 in Kraft tritt, auf den 1.1.2025 (Beginn der Berichtspflicht) zurückwirken darf, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum Steuerrecht entschieden. Danach sind rückwirkende Änderungen des Steuerrechts für den laufenden Veranlagungszeitraum nicht grundsätzlich unzulässig. Übertragen auf die Berichterstattung nach der CSRD sind alle betroffenen berichtspflichtigen Unternehmen (1. und 2. Welle) erstmals für das Geschäftsjahr 2025 zur (Konzern-)Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet.

Aus pragmatischen Gründen werden eigentlich nach der Richtlinie bereits für 2024 betroffene Unternehmen, die ihre Systeme deshalb auch bereits auf die künftige Rechtslage umgestellt und erweitert haben, prüfen, ob sie freiwillig die ESRS (delegierte EU-Rechtsakte) anwenden. Da die ESRS bereits Teil des europäischen Rechts geworden sind, handelt es sich um allgemein anerkannte Rahmenwerke, die die Berichtspflichten auch nach den §§ 289b f., 315b f. HGB für 2024 erfüllen können. Dabei muss aber eindeutig aus der Berichterstattung hervorgehen, ob und welchem Umfang die ESRS zugrunde gelegt werden. Für 2024 besteht keine verpflichtende Prüfung, viele betroffene Unternehmen dürften die Prüfung aber freiwillig durchführen lassen.

Soweit eine Umsetzung der CSRD in nationales Recht nicht in dieser Wahlperiode erfolgt, gilt das Prinzip der Diskontinuität, d.h. das Gesetzgebungsverfahren muss von vorne erneut beginnen.

Hinweis:

Im Mitgliederrundschreiben vom 14.11.2024 informiert das IDW über die wichtigsten möglichen Konsequenzen einer Nichtumsetzung der CSRD. Das Rundschreiben ist im Mitgliederbereich „Mein IDW“ im Volltext abrufbar:

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