Hamburg, 15. November 2012. Der erste Deutsche Berufsstandard für Aufsichtsräte und Aufsichtsgremien soll transparente und nachvollziehbare Besetzungsprozesse für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern enthalten. Das ist ein Zwischenergebnis der zahlreichen Workshops, in denen das Deutsche Institut für Normung (DIN) derzeit zusammen mit dem Financial Experts Association e.V. (FEA) diesen Praxisleitfaden für Aufsichtsräte und –gremien entwickelt. Der Standard wird im Frühjahr 2013 in deutscher und englischer Sprache vorgestellt werden. Ziel ist es, Aufsichtsräten und –gremien durch die Beschreibung praxiserprobter Vorgehensweisen des Aufsichtsrats Orientierung und klare Richtmarken zu geben, um so Freiraum für die inhaltliche Arbeit zu schaffen. Zielgruppen des Standards sind Aufsichtsgremien von Kapitalgesellschaften, insbesondere auch mittelständischer und öffentlicher Unternehmen sowie Familienunternehmen und Stiftungen. Fachlich begleitet wird der erste Deutsche Standard für Aufsichtsräte und Aufsichtsgremien u.a. von Ernst & Young, KPMG, BDO und Towers Watson.
Mitgliederbefragung: 75 Prozent für standardisierten Besetzungsprozess
„Der Praxisleitfaden, den wir derzeit für die Aufsichtsratsarbeit entwickeln, soll auch dazu beitragen, die Nominierungs- und Besetzungsprozesse von Aufsichtsratsmitgliedern zu professionalisieren“, so FEA-Vorstand Prof. Dr. Nick Gehrke, der das Projekt leitet. In einer aktuellen Mitgliederbefragung hatten sich 75 Prozent der Teilnehmer dafür ausgesprochen, den Besetzungsprozess für Aufsichtsräte zu standardisieren und zu professionalisieren. Transparente, an inhaltlichen Kriterien ausgerichtete Besetzungsprozesse und klare Anforderungsprofile sind nach Überzeugung der FEA ein zentraler Hebel für die Qualität von Aufsichtsräten. Umfassende Informationen über die Aufsichtsratskandidaten und eine Begründung für den Wahlvorschlag sollten durch die Unternehmen rechtzeitig vor der Hauptversammlung bereitgestellt werden, um eine fundierte Wahl der Kandidaten zu ermöglichen. Dies wird insbesondere dann wichtig werden, wenn sich der aktuelle Vorschlag von EU-Kommissarin Redding durchsetzen sollte, die für den Fall der Wahl eines männlichen Aufsichtsratsmitglieds anstelle einer Frau eine Begründung fordert.
Grundsätze für zentrale Themen des Aufsichtsrats
Neben dem Besetzungsprozess werden für weitere zentrale Aufgaben des Aufsichtsrats Grundsätze formuliert. Dies umfasst neben der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung, die auf die nachhaltigen Interessen der Eigentümer auszurichten ist, etwa die Überwachung der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme oder Vorschläge für die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und interner Revision. Ebenso wird der Leitfaden die Prüfung der Rechnungslegung und des Jahresabschlusses sowie der Planungen und Berichte des Vorstands durch den Aufsichtsrat bzw. Prüfungsausschuss spezifizieren. Nicht zuletzt wird der DIN-Praxisleitfaden Hinweise geben zur Überwachung der Arbeit des Abschlussprüfers durch den Aufsichtsrat und welchen Anforderungen der Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung genügen sollte.